Bolivien ist neben Paraguay das zweite reine Binnenland Südamerikas. Es erstreckt sich vom riesigen Titicaca-See im Osten bis hinuter ins Tiefland im Westen und wird von drei Großregionen geprägt: Dem Altiplano – einer westlichen Hochebene auf 3.500 - 4.000 m, der Amazonasregion im Norden und den Llanos im Südosten – weiten Ebenen mit Trocken- und Feuchtwäldern. Malerisch in einem Talkessel, umgeben von schneebedeckten Bergen, liegt La Paz, die größte Stadt des Landes.
Im Valle de Luna
Fähre über eine Engstelle des Titicaca-Sees
El Camino del Muerto – Die gefährlichste Straße der Welt
In Bolivien herrscht Rechtsverkehr – mit einer Ausnahme: Der Yungas-Straße. Sie führt von La Paz hinab nach Coroico in den Regenwald und überwindet dabei auf einer Strecke von 65 Kilometern 3.450 Höhenmeter, vom La Cumbre Pass (4.650 m) bis Yolosa (1.200 m). Sie wurde um 1930 von paraguayischen Gefangenen des Chaco-Krieges gebaut und war bis 2006 eine wichtige und vielbefahrene Verbindung zwischen der Hauptstadt und dem Tiefland.
Die Yungas-Straße
Nun, die Problematik mit dem Linksverkehr stellt sich hier nicht wirklich – die Yungas- Straße ist größtenteils einspurig, sehr eng, unbefestigt und klebt an den senkrechten Felswänden der Cordillera Real. Linkerhand der bodenlose Abgrund einer gewaltigen Schlucht, in die früher durchschnittlich zwei Fahrzeuge pro Monat gestürzt sind. Es gibt keine Leitplanken, aber Ausweichstellen, deren Rand die Fahrer bei den ständigen Ausweichmanövern durch den Linksverkehr besser abschätzen können.
Nichts geht mehr, nun wird gebetet!
Im Oktober 1988 waren wir auf dieser „Todesstraße“ nach Coroico unterwegs und unser Linienbus stoppte bei einem spektakulären Wasserfall, der von einer riesigen Felswand herunterstaubte. Kurz darauf kam ein Toyota Landcruiser an uns vorbeigefahren und stellte sich kurzerhand quer auf die Straße. Heraus stieg ein Priester, zog sich ein weißes Gewand über, baute einen Tisch als Altar auf und hielt dann eine Messe zwischen Wasserfall und Abgrund. Dazu gesellte sich eine Schar Gläubige aus den immer länger werdenden Autoschlangen, deren Weiterfahren blockiert war. Nach ganzen 45 Minuten mit Gebeten und Gesang gab es noch ein kleines Abschlußfeuerwerk, der Priester segnete die Straße und machte sie wieder frei.
Und dann geschah das Wunder: Der Knoten von parkenden Fahrzeugen, die beiden langen Staus, sie lösten sich innerhalb weniger Minuten auf und wir fuhren weiter unseres Weges hinab ins bolivianische Tiefland!
2006 wurde dann eine zwar längere, aber dafür gut ausgebaute Umgehungsstraße in die Yungas eröffnet. Der LKW-Verkehr wurde komplett auf diese verlegt.
Falsche Polizisten
Wir hatten das Altiplano hinter uns gelassen und waren in Santa Cruz de la Sierra angekommen, der größten Stadt des Landes und Zentrum des Drogenschmuggels nach Brasilien. Als wir uns die Stadt ansahen, kam ein Mann in Zivil auf uns zu, zückte kurz einen Ausweis und forderte uns auf, für eine Passkontrolle mit zu kommen.
„Kann ich den Ausweis nochmal sehen?“ fragte ich. Widerwillig holte er ihn hervor und reichte ihn mir. Ich warf einen kurzen Blick auf die Rückseite mit dem Staatswappen – einer Art Abziehbild – und sagte nur leichthin „Der ist nicht echt!“. Der Mann steckte den Ausweis wieder ein, sagte „OK“ – und ging wortlos davon.
Über den Trick mit gefälschten Polizeiausweisen hatten wir im „South American Handbook“ gelesen, damals die Bibel für Südamerika-Reisende. Was aber nicht drin stand, das erlebten wir im Zug, der uns von Santa Cruz nach Brasilien brachte.
Im Zugabteil„Sieh mal, die Decke ist verspiegelt!“ meinte Anette und deutete nach oben. Richtig, wenn man hoch sah konnte man uns und das Gepäck auf der Ablage von oben betrachten. Bald patroullierten Zivilbeamte durch das Abteil und kontrollierten die Reisenden, insbesondere jüngere Touristen. Ihr Gehabe und die Pistolen am Gürtel ließen keinen Zweifel aufkommen, dass diese Polizisten echt waren. Auch ich musste mich auf der Zugtoilette einer Leibesvisitation unterziehen, wobei der Beamte sehr korrekt war und sich damit entschuldigte, dass sie an dieser Grenze ein großes Drogenproblem hätten.
Von Santa Cruz nach Corumbá
Als wir abends im Gemeinschaftsraum unserer Unterkunft in Corumbá/Brasilien saßen, gesellte sich eine Gruppe von vier Schweizern zu uns, die ebenfalls im Waggon waren. „Hattet ihr auch Probleme bei der Kontrolle?“ fragten sie. Als wir verneinten, erzählten sie, dass einer der Beamten behauptet hatte, sie wären in Santa Cruz beim Drogenkonsum gesehen worden, aber gegen eine „Gebühr“ von 100 $ müssten sie nicht ins Gefängnis. Nach kurzer Beratung beschlossen sie dann aber, nicht zu zahlen, da das völlig aus der Luft gegriffen war, und damit war die Sache erledigt.
Ein Neuseeländer vom Nachbartisch hatte ein ähnliches Erlebnis. „Zahlen Sie 40 $, oder wir werden in ihrem Gepäck Drogen finden!“, hatte man ihm gesagt. Er hat gezahlt.
Bolivien ist – nicht zuletzt durch seine Binnenlage – eines der ärmsten Länder der Erde, und auch ein regulärer Beamtenverdienst reicht kaum zum Leben. Kein Wunder, dass viele versuchen, auf illegale Weise über die Runden zu kommen.