Die Gran Sabana im Westen Venezuelas ist eine uralte, geologische Formation, eine zerklüftete Hoch-ebene, die von 1000 m hohen Gebirgsketten umschlossen wird. Aus ihr ragen riesige, unzugängliche Tafelberge heraus, deren Alter auf 70 Millionen Jahre geschätzt wird und auf denen sich durch die Isolation eine einzigartige Flora und Fauna erhalten hat. Von ihnen stürzen sich endlose Wasserfälle in die Tiefe, wie der Salto Ángel, mit nahezu 1000 Metern Fallhöhe der höchste bekannte Wasserfall der Welt.
Flughafen Ciudad Bolivar
Leider gab es keine Straßen, um zu diesen „Tepuis“ – wie die einheimischen Pemón-Indianer die Tafelberge nennen – zu kommen. Aber es gab eine tägliche Flugverbindung von Ciudad Bolivar, der letzten größeren Stadt am Orinoco, zum knapp 500 km entfernten Minenörtchen Santa Elena de Uairén, und diese Route führte genau über die Gran Sabana, also eine ideale Gelegenheit, die Berge aus der Luft zu sehen.
Die Preise für die Flugtickets waren gerade von 10 auf 16 $ erhöht worden, es gab kaum Passagiere in der 2-motorigen Twin Otter der Fluggesellschaft Aeropostal mit 20 Sitzen, die mehr an Gartenstühle erinnerten. Wir hatten freien Blick auf die beiden Piloten unmittelbar vor uns durch den offenen Einstieg, und durch die Seitenfenster auf die unberührte Landschaft aus Savanne und Dschungel unter uns, aus deren Dunst die Tepuis in den blauen Himmel ragten. Es war „Die vergessene Welt“ des Schriftstellers Sir Arthur Conan Doyle, und wir wären kein bisschen überrascht gewesen, wenn sich plötzlich der Kopf eines Dinosauriers aus dem Dschungel gereckt hätte.
Tepui in der Gran Sabana
Nach eineinhalb Stunden Flug kam Bewegung in die beiden Piloten und sie suchten eifrig die Gegend ab, wohl um die Landebahn ausfindig zu machen. Nach einigen Kreisen begannen sie eine emsige Diskussion mit einem der Passagiere, kamen aber anscheinend zu keinem Ergebnis. Ich betrachtete die Tankanzeige, die soeben die Marke ½ unterschritten hatte. Und richtig: Nach einem weiteren großen Bogen wendete die Maschine und flog zurück nach Ciudad Bolivar.
Auf dem Rückflug entdeckten wir inmitten der grandiosen Tafelberge plötzlich eine große Boeing 727, die einsam in der Wildnis am Boden stand. Das musste die Landebahn von Canaima sein, der einzigen Touristen-Lodge in der Gran Sabana, im Besitz der venezolanischen Fluggesellschaft AVENSA.
Bei Canaima
Zurück auf unserem Abflughafen erklärte uns die Managerin von Aeropostal nach einer kurzen Unterhaltung mit den Piloten „El vuelo está cancelado“ – „Der Flug ist gestrichen“. Offenbar konnten sie im Dunst die Landepiste von Santa Elena nicht finden und mussten wieder zurück-fliegen. Wir erhielten unser Geld zurück und der Besichtigungsflug über die Tepuis hätte wirklich ein Super-Schnäppchen sein können, wenn… ja, wenn uns die Landschaft nicht so gut gefallen hätte, dass wir am gleichen Tag noch ins Reise-büro spaziert sind und einen Flug mit 2 Übernachtungen nach Canaima gebucht hätten, für 86 $ pro Person. Aeropostal hat übrigens einige Tage später wegen der Flugpreiserhöhung noch viel Ärger mit den Minenarbeitern bekommen, sie blockierten die Landebahn und okkupierten ein Flugzeug. Danach wurden die Flüge vorläufig eingestellt.